Nachdem wir uns von unserer „Polen-Reise“ etwas erholt hatten und die Ereignisse verarbeitet hatten – natürlich auch viel miteinander gesprochen hatten – wurden neue Pläne geschmiedet.
Die Einladung zum nächsten Europatreffen nach Siegen/Westfalen zu fahren, nahmen wir gerne an. Meine Mädchen freuten sich darauf, diejenigen wiederzusehen, die ihnen lieb und teuer geworden waren. Oder jene wiederzusehen, mit denen sie Freundschaften geschlossen hatten.
„Der Horizont hat sich weit aufgetan“.
Wir sorgten uns um unsere palästinensischen Freunde, welche ebenfalls beim Europatreffen in Polen dabei gewesen waren, in ihrer Heimat tobte der Krieg. „Die Welt kam auf einmal so nah“, was für eine Lebenserfahrung für meine „jungen Frauen“.
Das Jahr 1999 ließen wir bei mir zu Hause ausklingen. Wir kochten zusammen für alle, wir verbrachten gemeinsam gemütliche Stunden mit Erinnerungsvideos bis spät in die Nacht. In jeder Ecke meiner Wohnung war ein Schlafsack ausgebreitet mit einem schlafenden Mädchen darin. Was für eine schöne Erinnerung für mich, jetzt wo ich diese Bilder wieder in meinem Kopf abrufe. Im Zimmer meines Sohnes lagen die Mädels quer in seinem Bett, mein Sohn mittendrin.
Wir überlegten, was wir als Nächstes auf die Bühne bringen wollten. In meinem Kopf entstand die „Weiße Taube“ – als Symbol für Frieden. Der von uns allen ja so ersehnt ist, aber oftmals so hart auf der „Kippe“ steht. Ich wollte ein Tanz-Bild mit genau dieser Aussage auf die Bühne bringen, aber dieses Mal auch mit einer Hintergrundkulisse. Zunächst sollte es eine stehende Kulisse, einfach ein Dia an den „Hintergrund geworfen“, sein. Ich hatte noch die Ausdrucksstärke in Kombination mit Dias im Kopf, die von der Frontseite einfach durch die Tänzer an die Wand „geschmissen“ worden waren. Z. B. durch den „Denkmaltanz“ (Choreographie-Willi Hinzert), den wir im Theater „Unter den Linden in Berlin“ 1986 zur Aufführung gebracht hatten.
Mein Sohn hatte die Idee, keine Dias zu benutzen, sondern Bewegtbilder, einen Film der mit den Tänzern mitgeht…Mein Sohn, Andre, war jetzt also mit von der Partie. Er übernahm gemeinsam mit Katja in der „Weißen Taube“ das Pas de deux.
In mühseliger Kleinarbeit stellte ich mit Katja und Andre ihre Rollen zusammen. Jede Position, jede Hebung musste sitzen. Katja musste sich voll und ganz auf Andre verlassen können. Der weitere Part in diesem Tanz-Bild wurde von meinen Mädchen übernommen, welch eine Ausdrucksstärke legten alle hierbei an den Tag, wow….
Mein Weg führte mich wieder einmal zu Moritz TV, Thomas hat uns einen Film auf die Musik „Die weiße Taube fliegt“ (Karat) zusammenschnitten. Danke Moritz TV…
Eine weitere Choreographie, welche wir erarbeitet haben, war Cats. Jedes meiner Mädchen stellte in diesem Tanz eine eigenwillige Katze dar, wobei die Charaktere der Interpreten voll zum Ausdruck kamen. Jedes Mädchen gestaltete sich, sowohl die eigene Katzen-Maske fürs Gesicht, als auch ihren Katzenanzug. Ich bestellte hierfür im Berliner Ballettshop enganliegende Anzüge in unterschiedlichen Farben, welche jedes der Mädchen aufwendig und liebevoll gestaltete. Passend dazu wurde die Maske fürs Gesicht bemalt und beklebt.
Wieder lagen meine Mädchen bei mir zu Hause auf dem Teppich. Auf jedes Gesicht legten wir Gipsbinden und formten so die Masken für die Katzengesichter, um sie nach dem Trocknen abzunehmen. Die Gestaltung nahm jedes „Kätzchen“ dann bei sich zu Hause vor.
Zum ersten Mal veranstaltet das Land Mecklenburg einen Tanzmusikschultag. Der Weg führe uns also zum „1. Tanzschulmusiktag Mecklenburg-Vorpommern“ nach Güstrow. Im Gepäck unser umfangreiches Tanzrepertoire mit den dazugehörigen Kostümen. Erstmals dabei, „Cats“ und „die weiße Taube“. (allerdings ohne den dazugehörigen Film). Es war sehr schön für mich zu sehen, zu was für Tänzerinnen und Tänzer sich meine Mädchen und mein Junge entwickelt hatten.
Die Reise nach Siegen stand bevor, die Vorbereitungen waren getroffen. Im Gepäck dabei, wieder das Schweriner Bier, Danke Schweriner Schlossbrauerei…und weiterhin, Rührschüsseln und Rührgeräte und Waffeleisen. Wir wollten zum Europatag Waffeln backen…Die Mecklenburger Trachten wurden ebenfalls wieder mit eingepackt. Mit einer Gala in den Schweriner Höfen verabschiedeten wir uns von unseren Schwerinern. Erstmals wurde hierbei in Schwerin „die Weiße Taube“ aufgeführt, allerdings ohne den Film. Ein gebührender Abschied…
Für die Fahrt mietete ich einen Kleinbus, einige meiner Mädchen fuhren mit dem eigenen PKW. Nachdem alles verpackt war und mein Sohn noch mal schnell in den Schweriner See gesprungen war, traten wir am späten Nachmittag die Fahrt nach Siegen an. Wir wollten die Nachtstunden nutzen, um nicht in den Stau zu geraten.
Die Siegerländer Ginsburg, auf der wir nun 14 Tage mit den anderen Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Europäischen Ländern das Europatreffen verbracht hatten, empfing uns morgens um 5:00 Uhr mit Regen. Also bezogen bzw. bauten wir im Regen die Zelte auf und legten uns noch „kurz aufs Ohr“, bevor das Europa-Camp zum Leben erwachte. Müde und durchgefroren gingen wir zum Frühstück, danach eine warme (heiße) Dusche, die die Lebensgeister wieder weckte.
Was für eine Wiedersehensfreude….
Abwechslungsreiche und emotionale Tage durchlebten wir auch in diesem Jahr während des Europatreffens.
Unser Gala-Abend rückte ran, es regnete und der Boden war aufgeweicht. Wir legten die Holzklapptische auf den Boden, damit meine Tänzerinnen und Tänzer trocken in das Veranstaltungszelt gelangen konnten. Für die Moderation hatten wir Robert dabei, welcher die Texte zuvor in Englisch verfasst hatte.
„Donauwalzer“
„satisfaction“
„I´m singing in the rain“
„Cats“
„Black or White“
meine Mädchen waren in Hochform….
Nun noch das Finale,
„die Weiße Taube“, erstmals mit dem Film.
Meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Was für eine Ausdrucksstärke, die Tänzer verschmolzen mit den Bildern des Films…und warfen zusätzlich Schatten auf die Leinwand. Gänsehaut pur….
Im Anschluss schickte ich „meine Mannschaft“ – meine Lieben zum Feiern in den Pub. Ich habe mich schlafen gelegt. Ich war „völlig fertig“…
Am Tag darauf, wie immer am Europatag, schien die Sonne. Die Stände wurden aufgebaut und alle Vorbereitungen für den Ansturm der Siegener Bevölkerung getroffen.
Das gesamte Europa-Programm spiegelte die Vielfalt und Schönheit Europas wider und machte Lust auf mehr, mehr Gemeinsamkeit und einem schönen Miteinander mit der Vielfalt, die wir in Europa haben.
An unserem Schwerin-Stand kamen wir gar nicht so schnell mit dem Waffelbacken hinterher, die waren aber auch lecker. Wir schnitten extra kleine Apfelstückchen hinein. Hmm….
Auch diese 14 Tage gingen zu Ende und wir traten mit dem Klein-Bus und den PKWs die Heimreise an. Wieder fuhren wir die Nacht durch. Es regnete und meine Leute schliefen im Bus. Nur ich am Steuer musste wach bleiben…Als es hell wurde, kamen wir in unserem heimatlichen Schwerin an. Ich schleppte mich nur noch aus dem Bus in mein Bett. Mein Sohn packte alleine den Bus aus…